Akitu heute – 6774 Jahre durchgefeiert
Akitu heute – 6774 Jahre durchgefeiert
Akitu (z. dt. Gerste) wurde das Frühlings- und Neujahrsfest im alten Mesopotamien genannt. Die Gerste steht dabei sinnbildlich für die Zivilisation und das aufblühende Leben in der Region. Dementsprechend wurde ihr eine sehr hohe Bedeutung bei Riten und Religion zugesprochen.
Es ist kaum zu glauben, aber das Jahrtausende alte Akitu ist bei den heutigen Assyrer:innen als Neujahresfest bis heute erhalten geblieben und wird am „Kha b-Nisan“ (z. dt. 1. April) weltweit von ihnen groß zelebriert. Wieso wählte man jedoch ausgerechnet den 1. April für diese Feierlichkeiten aus?
Hintergrund ist die Christianisierung, bei der man zunächst den julianischen und später den gregorianischen Solarkalender übernahm. Daher wurde zum ersten Tag im antiken Monat „Nisan(u)“, welcher äquivalent zum April ist, Akitu gefeiert.
Im Jahr 1968 erklärte die Assyrian Universal Alliance (AUA) diesen Tag zum offiziellen Nationalfeiertag für Assyrer:innen auf der ganzen Welt. Der Frühling beginnt, die Natur erwacht aus dem Winterschlaf und die Bäume, Pflanzen, Felder und Blumen beginnen wieder zu blühen – das Symbol für neues Leben.
Und wie feiert man das wohl älteste Frühlingsfestival der Welt?
Die Assyrer:innen von heute feiern Akitu mit Paraden, Festen, Vorträgen, Kulturprogrammen und in Heimatgebieten auch in traditioneller Kleidung. Sie lassen jährlich alte Traditionen aufleben und praktizieren Bräuche in verschiedenen Regionen ihrer Heimat im Nordirak, Nordostsyrien, der südöstlichen Türkei und dem nordwestlichen Iran. Der Feiertag wird von den meisten Assyrer:innen gefeiert.
In der Stadt Hakkari in der heutigen Türkei im Südosten Anatoliens hing man ein rotes Taschentuch über die Haustür der Einwohner während des gesamten Aprils auf, um den Beginn des Frühlings anzukündigen. Die rote Farbe stand symbolisch für Glückseligkeit und neues Leben.
In anderen Gebieten in dieser Region sammelten die Menschen auf ihren Feldern die ersten Blumen der Saison und hingen diese für einen Monat über ihre Haustür auf. Diqna d-Nisan (z. dt. der Bart des Aprils) wurde dieser Brauch genannt und verstand sich als Geste des Segens.
In der Region um die Stadt Diyarbakir (Türkei) sammelt man Blumen und Kräuter legt diese im Anschluss in einem großen Eimer mit Wasser. Daraufhin lässt man einen wertvollen Gegenstand ins Wasser fallen. Die Bewohner:innen des Hauses müssen daraufhin reihum versuchen, den Gegenstand wiederzufinden. Dem Gewinner bzw. der Gewinnerin gebührt Glück und Segen für den Rest des Jahres, so pflegt man zu glauben.
In der Stadt Mosul (Irak) wird Weizen in kleinen Schüsseln vor die Haustüren der eigenen Häuser gestellt sowie sieben Nuss- und Samenarten vor die Haustür abgelegt. Angelehnt an die praktizierte Tradition „Diqna d-Nisan“ (z. dt. der Bart des Nisan) werden auch Blumen vor die Haustür gelegt. Die Zahl 7 war im antiken Mesopotamien sowie in der syrischen christlichen Tradition eine heilige Zahl. Frucht, Samen und Nüsse waren starke Fruchtbarkeitssymbole und die Gerste ist eine besonders wichtige Symbolik für die Feiertage in Mosul.
Zu nennen ist außerdem ein weiterer Brauch, der „Talo d-Nisan“ (z. dt. der Tau des Nisan), bei dem die Waschung des Gesichts sowie der Hände mit dem Morgentau der Wiesen über drei Tage hinweg vorgenommen wird, um rein (bzw. weiß „heworo“/“hewara“) zu werden, damit einem die Sünden vergeben werden. Außerdem soll die Waschung Frische und Schönheit hervorrufen und steht ebenfalls für die Symbolik der Fruchtbarkeit, da der Odar/Adaar (äquivalent zum März bzw. letzter Monat des Jahres) Dunkelheit brachte.